ABSTRACT
Unter Sozial- und Biowissenschaftlern hat sich ein Konsens über die Problematik genetischer Abstammungstests entwickelt, insbesondere darüber, dass seine Popularität zu einem größeren genetischen Essentialismus in sozialen Identitäten führen wird. Viele dieser Argumente gehen von einer relativ unkritischen Auseinandersetzung mit DNA unter ‚High-Stakes‘-Bedingungen aus. Wir schlagen vor, dass in einer biosozialen Gesellschaft ein durchdringenderes Engagement mit geringen Einsätzen wahrscheinlicher ist. Durch qualitative Interviews mit Teilnehmern einer Studie zum genetischen Erbe der Wikinger in Nordengland untersuchen wir, wie genetische Abstammungsergebnisse diskursiv aufgearbeitet werden. Die Identitäten, die in ‚becoming a Viking‘ durch DNA gebildet werden, sind eher durch Fluidität und Reflexivität als durch Essentialismus gekennzeichnet. DNA-Ergebnisse sind in eine breitere Erzählung von Selbst in Bezug auf die Vergangenheit verwoben, deren Wert in ihrem Potenzial liegt, innerhalb von Familien weitergegeben zu werden. Obwohl nicht unproblematisch, ist die relativ banale Natur solcher Erzählungen in der heutigen Gesellschaft charakteristisch für das ‚Biosoziale‘.